Henfenfeld

Opernakademie: „Saitenmalerei“ auf der Domra

Lange hatte das Publikum warten müssen, bis dieses außergewöhnliche Konzert stattfinden konnte. Auf ihrer Deutschland-Tournee kam das Duo Lothar Freund und die Domristin Natalia Anchutina, dank der Beziehung zur Opernakademie nach Henfenfeld. Rund 1000 Konzerte haben sie in ihrer fast 15-jährigen Zusammenarbeit absolviert, darunter auch einen Auftritt in der berühmten Carnegie Hall in New York. Doch nun warf der Krieg in der Ukraine seinen Schatten auf die Veranstaltung. Wegen der russischen Herkunft von Natalia Anchutina gab es sogar Absagen! Pianist Lothar Freund gab ein klares Statement ab: An seinem Revers fand sich ein gelbblauer Button mit der Aufschrift „Free Ukraine!“.

Im Roten Saal des Henfenfelder Schlosses begrüßte Denette Whitter die Zuhörer. Sie beschrieb die schwierige Situation und stellte fest, dass die „Waffen der Musik“ lediglich die Instrumente sind.

Mit dem „Italienischen Capriccio Op. 45“ von Peter Tschaikowsky begann das Konzert. Die Bearbeitung für die Domra stammt von Andreij Gorbatschow, der schon mehrmals mit Lothar Freund auf Schloss Henfenfeld gastierte.

Dezentes Spiel am Flügel und wunderbare Klänge vom Saiteninstrument sorgten für ein besonderes Flair im Saal. Kaum zu glauben, was Natalia Anchutina dem kleinen Instrument an Tönen entlockte, kein Wunder, denn sie gilt als eine der besten Domra-Spielerinnen der Welt.

Lothar Freund führte durch das Programm und ergänzte es mit besinnlichen Gedichten. Er erklärte, dass die Domra, ein Zupfinstrument mit drei oder vier Saiten bereits seit dem 13. Jahrhundert existiert. Ihre Form ähnelt einer Laute oder Mandoline. Doch beim Erklingen wird hörbar, dass dieses Instrument der Vorgänger der Balalaika ist.

Im Programm führte die Reise musikalische nach Spanien. Feurige Weisen erklangen bei der „Andalusischen Serenade“ von Pablo de Sarasate. Beim Spiel verschmolz Natalia Anchutina fast mit ihrem Instrument, spielte auf kürzeste Distanz. Gediegene Klänge bekam das Publikum bei den „Polowetzer Tänzen“ von Alexander Borodin zu hören, eine typisch russische, filigrane Weise.

Melancholisch wirkte die „Elegie“, ein modernes Stück, in Moll geschrieben, von Vera Gorodovskaya. Nach eingängigen Weisen, bei denen die Dynamik beeindruckte, gab es einen weiteren Höhepunkt. Der „Säbeltanz“ des Armeniers Aram Khatschaturjan ist nicht nur populär, sondern wegen seines enormen Tempos auch berüchtigt. Für Natalia Anchutina stellte er kein Problem dar, das Publikum war hellauf begeistert.

Nach Freunds besinnlichen Versen von Alexander Puschkin zeigte das Duo virtuoses Spiel beim Walzer „Der Vollmond scheint“. Mit tosendem Beifall verlangte das Publikum eine Zugabe. Angesichts der aktuellen Ereignisse verzichteten Freund und Anchutina auf eine russische Weise und spielten das gediegene „Air“ aus der Suite Nr. 3 in D-Dur von Johann Sebastian Bach – ein finaler Hörgenuss!

Johann Dechant

Foto: J. Dechant

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